Stolpersteine in Meitingen


"Mit dem Herzen soll man drüber stolpern"
Aktion: Der Künstler Gunter Demnig verlegt in Meitingen drei "Stolpersteine" im Gedenken an Nazi-Opfer
Bericht in der Augsburger Allgemeine am 12.11.2012
von Margret Sturm


Meitingen
Andächtige Stille herrscht im Dr.-Metzger-Hof des Christkönigs-Instituts. Gerade hat der Künstler Gunter Demnig seine "Stolpersteine" in den Gehweg eingesetzt. Fachmännisch fügt er Zement hinzug, gießt immer wieder Wasser darüber und wischt schließlich die glänzende Oberfläche blank. Die letzten Trompetentöne von Adolf Bier sind verklungen. Und während der Künstler sein Werk vollendet, erinnern Schüler der Meitinger Max-Josef-Metzger-Realschule an die drei Menschen, deren Namen auf diesen "Stolpersteinen" verewigt sind: Dr. Max-Josef Metzger, Michael Lerpscher und Josef Ruf - alle drei wohnten einst hier. Und alle drei wurden von den Nazis hingerichtet.

Der Schüler Philipp Rauter zitiert aus einem Brief, den Josef Ruf einen Tag vor seiner Hinrichtung an Eltern und Geschwister schrieb. Er dankt darin für ihre Liebe und Sorge und spricht von seiner großen Liebe zu Christus. Martina Schuster liest einen Brief vor, den Max-Josef Metzger aus dem Gefängnis an Klosterschwestern schrieb und in dem er sein Leben ganz Gott anvertraut. Einige Zeilen aus dem Buch 'Das Lächeln des Esels' trägt die Schülerin Theresa Schmidt im Gedenken an Michael Lerpscher vor, der überzeugt war, dass Jesus gegen jede Gewalt ist.

Die Jugendlichen sind beeindruckt von diesen drei Menschen, die für ihre Überzeugung ihr Leben gaben und deren Namen nun auf den Messingschildern im Gehweg der St.-Wolfgang-Straße stehen. Sie legen drei weiße Rosen nieder.

Auch für den Künstler Gunter Demnig, der bereits tausende solcher "Stolpersteine" verlegt hat, ist es "nie Routine", wie er anschließend beim Empfang im Christkönigs-Institut sagt. Jeder Stein stehe für ein besonderes Schicksal, und er freue sich über jeden, den er setzen könne. Auch das Interesse der Jugend freut ihn. Für junge Menschen seien die Millionen Nazi-Opfer zunächst eine abstrakte Größe, doch wenn sie sich wegen der Stolperstein-Aktion dann mit den Einzelschicksalen befassten, ändere sich das. "Die Opfer bekommen auf diese Weise ihre Namen zurück, werden zu Nachbarn, die früher neben uns gewohnt haben." Auch für die Angehörigen der Opfer - in Meitingen sind Verwandte der Familien Lerpscher und Ruf mit dabei - sei die Stolperstein-Aktion wichtig, sagt der Künstler. Denn wo es keine Gräber gebe und die Asche der Opfer sogar zu profanen Zwecken missbraucht wurde, seien die Stolpersteine auch "Schlusssteine, durch die man etwas abschließen kann", wie ein Angehöriger ihm einst erklärt hat.

Wer die Inschrift lesen will, muss sich verbeugen.

Für Gunter Demnig selbst ist bedeutsam, dass sich, wer die Inschrift auf dem Boden lesen will, bücken und damit quasi vor dem Opfer verbeugen muss.

Die Steine sind übrigens bündig in den Boden eingelassen, "man stolpert mit dem Kopf und dem Herzen", so der Künstler, der sich noch ins Goldene Buch des Marktes Meitingen und des Christkönigs-Instituts einträgt und dann schon zur nächsten Stolperstein-Aktion nach Schwäbisch Gmünd aufbrechen muss.

Bürgermeister Dr. Michael Higl hat zu Beginn der Feierstunde die über hundert Gäste begrüßt und von einem "besonderen Tag für Meitingen" gesprochen. Er würdigt die drei Männer, die den Mut hatten, für ihre Überzeugung einzutreten, auch wenn sie dies mit dem Leben bezahlen mussten. Sie seien Mahner für Frieden und Völkerverständigung.

Die Leiterin des Christkönigs-Instituts in Meitingen, Annemarie Bäumler, freut sich über das große Interesse und die "ehrende Achtung vor dem Lebensopfer dieser drei Männer". Institutsmitarbeiterin Gertraud Rossmann habe den Anstoß für die Stolperstein-Verlegung in Meitingen gegeben. Der Markt Meitingen habe die Idee 'sehr wohlwollend aufgenommen' und sowohl ideell als auch materiell unterstützt, betont Bäumler, die dann ausführlich Leben und Schicksal der drei geehrten Männer Revue passieren lässt.